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Wassereintritt in ein Gebäude

Das folgende Gutachten behandelt die Ursachenforschung für einen Wassereintritt in ein Gebäude durch einen Wasserstau im angrenzenden Hof. Es soll geklärt werden, ob die vorhandene Pumpanlage richtig dimensioniert war und ob der Wasserstau zu vermeiden gewesen wäre. Des Weiteren wird ermittelt, wie man das Gebäude in Zukunft vor weiteren Schäden schützen kann.

  1. Wassereintritt in das Untergeschoss eines Gebäudes Im angrenzenden Hof eines Gebäudes trat ein Wasseraufstau (Überschwemmung) ein, durch den es zu einem Wassereintritt in das Untergeschoss des Gebäudes kam. Im Untergeschoss des Gebäudes befanden sich gewerblich genutzte Räume, deren Einrichtung und Nutzung durch den Wassereintritt gefährdet bzw. stark eingeschränkt wurden. Die Ursache für den Einstau (Überschwemmung) im Hof soll im Folgenden geklärt werden. 
  2. Feststellungen des Sachverständigen
    1. Zur angeschlossenen zu entwässernden Fläche Die betroffenen Flächen sind über Straßeneinläufe (Gullys) und unterirdische Entwässerungsleitungen an die Hebeanlage angeschlossen. Die angeschlossene Gesamtfläche summiert sich zu 636 m². Die Zufahrtstraße zum Gebäude und einem weiteren, südlich gelegenen Gebäude, hat eine Querneigung von ca. 2,5 Prozent in Ostrichtung, so dass von dieser Fläche kein Abfluss in den Hof auftritt. Die Hebeanlage in Form einer Einfach-Pumpenanlage, ist in einem Schacht mit folgenden Dimensionen installiert:
      • Durchmesser 1,5 m
      • Tiefe 2,0 m ab Schachtdeckel
      Bei der Begehung wurde durch das Einleiten von Wasser über einen Straßeneinlauf in den Pumpschacht die An- und Abschaltung der Pumpe kontrolliert. Die Pumpe springt bei einem Wasserstand von 0,6 m an und schaltet sich aus, wenn der Wasserstand auf 0,4 m abgesenkt ist. Die Pumpensteuerung erfolgt über Schwimmerschalter. Die Pumpe fördert die Oberflächenabflüsse über eine Druckleitung in einen Anschlusskanal, der zu einem Hebewerk führt. Dieses Hebewerk hebt das Wasser aus dem Bereich des Gebäudes in einen Sammler. Gemäß Inbetriebnahme Protokoll hat die Pumpe eine Leistung von 30,5 Liter pro Sekunde. Diese Leistung bringt die Pumpe, wenn das Wasser in der Ebene ohne Höhenunterschied gepumpt wird und kein Rohrreibungswiderstand vorhanden ist. D. h. es handelt sich um die maximal mögliche Förderleistung der Pumpe. Bei einer Förderhöhe von ca. 4,0 m – das Wasser wird bis unterhalb der Decke des Untergeschosses gehoben – reduziert sich diese maximale Leistung auf ca. 25 l/s. Der Rohrreibungswiderstand kann hierbei vernachlässigt werden.
    2. Zum Regenereignis am Tag der Überschwemmung Zur Ermittlung des tatsächlich aufgetretenen Niederschlags wurden vom Deutschen Wetterdienst die Stundenwerte, die 5-Minutenwerte sowie die 1-Minutenwerte der Niederschlagsereignisse angefordert. Gemäß den Angaben des Deutschen Wetterdienstes, handelt es sich bei dem Niederschlagsereignis am betreffenden Tag, 19:55 Uhr, um ein Ereignis mit einer Wiederkehrzeit von 7 Jahren.
  3. Beurteilung durch den Sachverständigen
    1. Ermittlung des Bemessungsabflusses nach DIN 1986 – 100 und Beurteilung der Hebeanlage Gemäß DIN 1986-100 S. 19 ist folgendes zu beachten: “…die Entwässerung von Flächen unterhalb der Rückstauebene, mit der Gefahr des Eindringens von Wasser in das Gebäude, wie Lichtschächte, Garageneinfahrten und Innenhöfe, muss unter Berücksichtigung des Jahrhundertregens erfolgen…” Unter dieser Maßgabe ist gemäß Kostra-Atlas eine Niederschlagsspende von 616,5 l pro Sekunde und Hektar anzusetzen. Mit einem Toleranzbetrag von plus 20 % errechnet sich somit die Abflussspende zu maximal 739,8 l pro Sekunde und Hektar. Unter Berücksichtigung der entsprechenden Abflussbeiwerte, ermittelt sich damit der Abfluss im Fall eines Jahrhundertereignisses (Bemessungsregen mit 5-Minutendauer) zu 30,75 l je Sekunde. Die in der Hebeanlage installierte Pumpe liegt mit 25 l/s ca. 6 l/s deutlich unter der nach DIN erforderlichen Pumpleistung. Ein weiterer Mangel an dem Entwässerungssystem besteht darin, dass die angrenzende Dachfläche in den Hof entwässert. Der Anschluss dieser Dachfläche an eine Fläche unterhalb der Rückstauebene ist nach DIN nicht zulässig. Dieser Sachverhalt lässt sich jedoch nicht mit angemessenem Aufwand heilen. Gemäß DIN 1986 – 100 müsste die Hebeanlage mit einer Zweifachpumpe ausgestattet sein, damit bei Ausfall einer Pumpe die Funktion der Hebeanlage erhalten bleibt.
    2. Ermittlung des Abflusses am besagten Tag im Hof des Gebäudes Zur Ermittlung des Abflusses zwischen 19:00 Uhr und 20:10 Uhr, erfolgt die Multiplikation der Niederschlagsmenge mit der angeschlossenen Entwässerungsfläche. Bei dieser Betrachtung wird auf die Reduzierung der angeschlossenen Fläche durch Ansatz eines Abflussbeiwertes verzichtet, um den Extremfall abzubilden. Wie die Ermittlung zeigt, wird die Pumpleistung nur während 2 Minuten von 18:58 Uhr bis 19:00 Uhr um 6,10 bis 6,8 Liter pro Sekunde überschritten. Der dadurch höher auftretende Abfluss gegenüber der Leistung der Pumpe wird allerdings durch das vorhandene Speichervolumen von 2 m³ problemlos aufgefangen, da es sich um rd. 0,9 m³ handelt. Das vorliegende Ereignis kann nicht zu einer Überlastung des Entwässerungssystems im Hof des Gebäudes geführt haben.
    3. Rückstau im öffentlichen Entwässerungssystem Wie aus der lokalen Presse entnommen werden konnte, führte das Niederschlagsereignis zu einer Überflutung der öffentlichen Kanalisation, unter anderem auch am Standort des Gebäudes. Die erhöhte Niederschlagsmenge gegenüber den durch den DWD (Deutscher Wetterdienst) angegebenen Werten, erklärt sich durch lokale Besonderheiten. So befindet sich die Messstation des DWD im Zentrum Heidelbergs, doch in den Stadtteilen können durchaus abweichende Niederschlagsmengen anfallen. Laut telefonischer Auskunft wurden in anderen Teilen Heidelbergs an dem Tag Niederschläge zwischen 50 und 60 mm (der Bemessungsregen 15 Minuten mit einer Wiederkehr von 100 Jahren bringt 31 mm, der Bemessungsregen 5 Minuten mit einer Wiederkehr von 100 Jahren bringt 18,5 mm) gemessen. Niederschläge in dieser Höhe haben die vorhandene Hebeanlage überfordert und erklären die Überflutung des Hofes.
  4. Maßnahmen zum Schutz vor erneuter Überflutung Die möglichen Maßnahmen lassen sich differenzieren, nach Maßnahmen die erforderlich sind, um einen DIN-gerechten Zustand herzustellen, sowie Maßnahmen, die erforderlich sind, um den Nutzer vor einem Wasserschaden durch ein vergleichbares Ereignis zu schützen. Der Schutz vor einer Überflutung bei einem Niederschlageereignis größer als Bemessungsereignis nach DIN setzt die Annahme eines Bemessungsregens (Kenngröße um anfallende Regenwassermengen zu berechnen) voraus. Im Folgenden werden die möglichen Maßnahmen näher erörtert:
    1. Rückhaltevolumen Es wird geprüft, wie ein Rückstau im Hof des Gebäudes mit der Folge von Wasserschäden im UG des Gebäudes auch bei Ereignissen größer als das Bemessungsereignis vermieden werden kann. Dies ist nur möglich, indem man im Hof des Gebäudes Rückhaltevolumen bildet. Hierbei stellt sich die Frage, für welches Ereignis dieses Volumen dimensioniert werden soll. Es besteht die Möglichkeit, durch eine Radarauswertung den exakten Niederschlag für den Hof ermitteln zu lassen der zu dem Schadenereignis führte, die Gebühren hierfür belaufen sich auf ca. 350 €, netto. Basierend auf der unverbindlichen Auskunft des Wetterdienstes, dass in anderen Teilen Heidelbergs Niederschläge zwischen 50 und 60 mm fielen, ermittelt sich das Rückhaltevolumen zu rund 22 m³, welches man in Form eines Rückstaukanals schaffen könnte. Die Kosten für einen solchen Rückstaukanal liegen zwischen 800 €/m³ und 1.100 €/m³. Bei angenommenen mittleren Kosten von 900 €, errechnen sich die Gesamtkosten zu: 900 €/m³ x 22 m³ = 19.800 € Es sei darauf hingewiesen, dass
      • Nach dem Stand der Technik keine Verpflichtung besteht, dieses Volumen zu schaffen.
      • Der Niederschlag für die Bemessung auf Grundlage der unverbindlichen Aussage des DWD angenommen wurde und es somit keine Sicherheit gibt, dass nicht ein noch stärkeres Ereignis auftritt. Gleichzeitig kann das Volumen für alle Ereignisse der nächsten 100 Jahre jedoch völlig überdimensioniert sein.
      Damit das Rückhaltevolumen genauer für das Schadereignis ermittelt werden kann, empfehlen wir die radiometrische Bestimmung des Niederschlagereignisses (Niederschlag, der lokal und zeitlich begrenzt ist) für den Standort durch den DWD.
    2. Doppelpumpenanlage Die Kosten für die Aufrüstung der Einfachpumpenanlage zur Doppelpumpenanlage belaufen sich auf ca. 5.500 € Materialkosten und geschätzten 5.500 € Einbaukosten, in Summe 11.000 €. Für eine Kostenberechnung ist eine konkrete Planung erforderlich. Die Aufrüstung der Hebeanlage zu einer Doppelpumpenanlage würde im Hinblick auf die erforderliche Pumpleistung DIN von 30,75 l je Sekunde und auch im Hinblick auf den möglichen Ausfall einer Pumpe einen DIN-gerechten Zustand herstellen.
  5. Empfehlung Es wird empfohlen, die vorhandene Pumpenanlage zu einer Doppelpumpenanlage aufzurüsten, so dass sowohl im Hinblick auf den möglichen Ausfall einer Pumpe als auch im Hinblick auf die erforderliche Förderleistung für den Bemessungsregen ein DIN-gerechter Zustand hergestellt wird. Bei Ergänzung einer der vorhandenen Pumpe gleichwertigen Pumpe, würden somit auch Ereignisse die über dem Bemessungsregen liegen verarbeitet werden können. Nur in dem doch sehr unwahrscheinlichen Fall, dass eine Pumpe zum Zeitpunkt des Bemessungsregens – ein Ereignis welches statistisch 1-mal in 100 Jahren auftritt – ausfällt, würde die Anlage nicht der DIN entsprechen, da dann die Pumpleistung mit 25 l/s unter der erforderlichen Pumpleistung von 31 l/s liegt. Die Schaffung von Rückstauvolumen für ein Ereignis in nicht bekannter Höhe ist nicht sinnvoll, insbesondere da damit nach wie vor kein DIN-gerechter Zustand der Hebeanlage hergestellt wird.